75 Jahre Gemischter Chor

Die Chorgemeinschaft Kreuztal 1851 ist Rechtsnachfolgerin der Vereine Germania Kreuztal mit Männerchor und Gemischtem Chor, des Männergesangvereins Eintracht Ferndorf und – später hinzu gekommen – Männerchor Teutonia Buschhütten und MGV Ferndorf. Dabei ist der älteste Verein der MGV Eintracht Ferndorf, der 1851 bereits gegründet wurde.

Schon 1888 wurde dem Männerchor Eintracht Ferndorf eine „Frauenabteilung angeschlossen“, die aber nur knapp 2 Jahre bestand. Es war wohl noch nicht die Zeit, daß Frauen im öffentlichen Raum singend akzeptiert wurden. Ein weiterer Versuch, der aber auch fehl schlug, erfolgte nach dem 1. Weltkrieg, in einer Zeit, in der Frauen ihr Wahlrecht erkämpften. Erst während der 2. Weltkriegs gelang es mit Unterstützung der Gemeinde Kreuztal, geführt von dem damaligen Bürgermeister Dr. Erich Moning, in unruhigen Zeiten und sicher aus Mangel an Männerstimmen dem Männerchor Germania Kreuztal „eine Frauenabteilung anzugliedern“. So steht es in der „Siegener Zeitung“ vom 15. Januar 1942 unter „Amtliches“ aus dem Amt Ferndorf – direkt unter der Bekanntmachung über die “ Ausgabe der Reichsverbilligungsscheine für Speisefette“. Dr. Moning lädt alle „sangeskundigen und sangesfreudigen Frauen und Mädchen der Gemeinde“ zur Gründung einer „Frauenabteilung“ auf Dienstag, den 20. Ds. Mts. 19 ½ Uhr in den Saal der Gastwirtschaft Münker ein. So findet am diesem Tag die Gründungsversammlung unter Leitung des damaligen Vorsitzenden Adolf Hirsch statt. Der Amtsbürgermeister Dr. Moning schloß die Versammlung damals mit dem Wünsch, daß sich der neu gegründete Gemischte Chor als dauerhafte und segensreiche Einrichtung erweisen möge. Bereits am 24. Januar 1942 unterschrieben die Verantwortlichen einen Vertrag zwischen Gemeinde und Verein, in dem festgelegt wurde, daß der Gemischte Chor von der Gemeinde als „Gemeindlicher Chor“ mit entsprechenden Aufgaben anerkannt wurde u. mit 690 Reichsmark für sächliche Ausgaben und 720 Reichsmark zur Vergütung des Chorleiters jährlich unterstützt wurde. (Solch einen Vertrag wünschen wir uns auch. —– ) Hedwig Giesler war die 1. „Frauensprecherin“. Also immerhin: Die Frauen waren seitdem mit 1 Stimme im Vorstand vertreten. Zudem durften Frauen Schreibarbeiten übernehmen. Diese Regelung hat sich bis vor wenigen Jahren in unserem Verein durchgesetzt. Die Männer besetzten alle übrigen Vorstandsämter. Heute hat sich dieses Verhältnis zwischen den Geschlechtern geradezu umgekehrt, so daß wir eigentlich einen „Männersprecher“ benötigen. Eigentlich haben wir erst vor 2 Jahren mit der neuen Satzung die Sprecherin der Frauen abgeschafft. (und natürlich im Rahmen der Gleichberechtigung keinen Männersprecher angeschafft). Im Jubiläumsjahr setzt sich in der Tat der Vorstand allein aus Frauen zusammen und daß, obwohl wir gerne Männer auch an dieser Stelle in die Verantwortung nehmen würden. Eine ähnliche Entwicklung nahm auch der Gemischte Chor in seiner Zusammensetzung. Heute haben wir die Umkehrung dessen, wie 1942 der Chor aussah. Aus dem Männerübergewicht ist ein Übergewicht an Frauen entstanden. Und wir haben bis heute noch keine Lösung gefunden, Männer wieder zum Singen im Verein zu begeistern. Auf die vielschichtigen gesellschaftlichen Probleme möchte ich heute dazu nicht eingehen.
Jedenfalls – so denke ich – sind die Wünsche von Dr. Moning musikalisch weitestgehend in Erfüllung gegangen. Aus den Anfängen unter der musikalischen Leitung der Herren Karl Röher u. dann Walter Kahmann nahm der Chor aber 1946 mit Chordirektor Richard Kistemann Fahrt auf. Die Vielzahl der großen Konzerte (7x „Das Lied der Glocke“, 10x „Die Schöpfung“ 4x „Die Jahreszeiten“ , 4x „Der Messias“ 4x „Die Matthäus-Passion“, 3x „Das Weihnachtsoratorium“ )fielen in seine Wirkungszeit. Erst 1963 wurde er von Friedhelm Schick abgelöst. Schon 1966 sang der Gemischte Chor unter seiner Leitung das 1. Operettenkonzert in der Siegerlandhalle. Mit der Zusammenlegung der „Germania“ und“ Eintracht“ übernahm Lorenz Koch die musikalische Leitung 38 Jahre lang bis 1996. Während seines musikalischen Wirkens wurde die Tradition großer Konzerte wie Mozarts Krönungs-Messe, Credo-Messe, Haydns Stabat Mater, Markus-Passion von Reinhard Kaiser u. a. fortgesetzt. 1991 und 1996 erringt der Gemischte Chor den Meisterchor-Titel. Seit den 70iger bis in die90er Jahre bot der Verein seinen Sängern/Innen große Konzertreisen an. Unvergessen ist sicherlich die Fahrt 1989 nach Danzig und Warschau.
Bis zum heutigen Tage ist es den Vorsitzenden des Vereins – und es leben noch 3 – immer wieder gelungen, das Vereinsschiff über alle Klippen hinweg zu steuern. Ihnen gebührt Dank und Anerkennung, insbesondere Robert Müller, heute unser Ehrenvorsitzender, Manfred Belz und Ulrich Fries. Robert Müller zeichnet sich in besonderer Weise verantwortlich für die Fusion der Männerchöre 19172 u. für die Einrichtung des Sängerheims 1975; in die Zeit von Manfred Belz fallen die großen Konzertreisen und der 1. Meisterchor-Titel; Ulrich Fries erreichte den 2. Meisterchortitel mit dem Gemischten Chor, und er war es, der die Opern- und Operettengala erfand und erfolgreich bis zum heutigen Tag begleitet. Diese erfolgreiche Veranstaltungsreihe im Kulturprogramm der Stadt Kreuztal findet in diesem Jahr nun auch schon zum 15. Mal statt.
Das Erbe hat inzwischen ein weiblicher Vorstand übernommen. Wir versuchen im Team heute – ich denke zeitgemäß – große Konzerte als Projekte anzubieten, um möglichst vielen Menschen dieses Chor-Erlebnis zu ermöglich.
Derzeit laufen 3 Projekte gleichzeitig:
Zum 5. Mal HYMNE Das Jubiläumskonzert am 30. April 2017, 16.00 Uhr, Kreuzkirche Kreuztal
Zum 15. Mal Opern- und Operettengala am 22. Oktober 2017, 17.00 Uhr, Stadthalle Kreuztal
Zum 10. Mal – und das ist ein einmaliges Angebot im Chorverband Siegerland – das Stimmbildungs-Seminar mit Heike Scholl-Braun, Sopranistin und Gesangspädagogin.
Dieses Seminar ist so konzipiert, daß während der Wintermonate in 6 Veranstaltungen einmal monatlich Stimmführung, Artikulation, Atemtechnik, Körperhaltung usw. für Jedermann angeboten wird. Alle, die ihre Stimme einmal ausproben möchten, etwas für ihren Körper tun wollen oder sich stimmlich weiterbilden möchten, sind dazu eingeladen. Dieses professionelle Angebot wird in Kreuztal sehr gut angenommen, auch von „Nicht-Sängern“.
Zum 10jährigen werden deshalb aus dem diesjährigen“ Stibi-Chor“ einige das geplante Festkonzert mitsingen, was mit Bach-Kantaten und Vivaldis Gloria noch einmal eine besondere Herausforderung für die Chöre ist.
Was wir heute sagen können: Wir werden uns im Vorstandsteam weiter bemühen, den Kreuztalern und darüber hinaus allen Menschen mit unseren öffentlichen Auftritten Freude zu bereiten, sei es in Konzerten oder bei Ständchen zu sozialen oder auch persönlichen Anlässen. Voraussetzung dazu ist, daß sich weiterhin Menschen zusammenfinden, die das Singen im Chor als eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung ansehen. Das Vorstandsteam möchte auch zukünftig mit einem breit gefächerten musikalischen und gesellschaftlichen Angebot die Voraussetzungen für ein zeitgemäßes Freizeitangebot schaffen .Wir als kulturtreibender Verein sehen uns nicht in Konkurrenz zu Sportvereinen oder anderen Vereinen, sondern möchten in unserer Stadt auch zukünftig ein zuverlässiger Ansprechpartner für ein attraktives Kulturprogramm sein.
Darin unterstützt werden wir durch Ideen und Innovationen durch die MAKSi Musikakademie Südwestfalen mit Sitz in Stift Keppel. An dieser Stelle profitieren wir von der Personalunion unseres musikalischen Leiters, Prof. Maurizio Quaremba, der auch die musikalische Leitung von MAKSi inne hat. Beispielhaft ist die harmonische Zusammenarbeit mit dem MAKSi Akademieorchester. Maurizio Quaremba führt unsere Chöre seit 15 Jahren mit großem Einfühlungsvermögen und Professionalität. Ihm verdanken wir die musikalischen Erfolge.
Von unschätzbarem Wert und eine weitere Voraussetzung für die Durchführung größerer Konzerte ist es, daß uns treue Sponsoren bisher begleitet haben. Dafür danken wir allen sehr und bitten gleichzeitig um weitere nachhaltige Unterstützung.